Nominierung 2016 (02): Konrad Lorenz & Isabel Kreitz – „Rohrkrepierer“

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Die eigentlichen Helden in vielen Comics von
Isabel Kreitz sind die Schauplätze des Geschehens. Das gilt für die Hamburger Kanalisation in ihrer „Ralf“-Serie, für Tokyo in „Die Sache mit Sorge“ und für Hannover in „Haarmann“. Immer gelingt es ihr, das typische Flair der Städte und die dargestellte Epoche (zumeist die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts) herauszuarbeiten. In einem Maß, das die Handlung gelegentlich dahinter verschwinden lässt.

Nicht weniger lässt sich für „Rohrkrepierer“ sagen.
Der auf einem autobiographischen Roman beruhende Comic ist zudem eine Rückkehr ins persönlich Vertraute: Hamburg, Isabel Kreitz‘ Heimatstadt.

Auch wenn sie die geschilderte Epoche (ungefähr das erste Jahrzehnt nach dem Krieg) sicher nicht selbst erlebt hat. Man kann der Handlung eine gewisse Banalität nicht absprechen, auch eine gewisse Ereignislosigkeit nicht: Handlungshöhepunkt ist, wie die Hauptfigur einmal Louis Armstrong in Hamburg nicht begegnete. Davor wird gequatscht, Unsinn gemacht, geküsst, geprügelt, abgehangen und noch mehr gequatscht.
Nichts außergewöhnliches.

Allerdings dürfte genau darin der Zweck der Erzählung liegen. Sie ist bis zur äußersten Konsequenz alltäglich und schildert den Schluß der Kindheit und den Beginn der Pubertät unter den spezifischen Bedingungen der Nachkriegsjahre, mit dem neurotisierten kriegsheimkehrenden Vater, den engen moralischen Schranken und allgemein einer Welt, die sich zwischen verleugneter Vergangenheit und noch nicht erahnbarer Zukunft erst einmal selbst finden muss.

„Rohrkrepierer“ ist ein Hamburger Panoptikum aus Seeleuten, Nutten, Säufern, Schlägern, Prügelknaben und Kopftuchomis. Kreitz rekonstruiert eine Welt aus zerbombten Häusern und Neubauten, kurzer Hose, gegelten Haaren. Die Detailfreude, nein, sagen wir: die Detaillust ist atemberaubend. Ein Buch, das auf jeder Seite Atmosphäre atmet.

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Konrad Lorenz und Isabel Kreitz

Verlag: Carlsen, 304 Seiten, 26,99

https://www.carlsen.de/hardcover/rohrkrepierer

Homepage: http://isakreitz.de/

 

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